Warum wir künftig auf unsere Gemeinnützigkeit verzichten

Stand: 23. Juni 2025

Wir haben gekämpft. Mehr als fünf Jahre lang. Für ein Recht, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Gemeinnützigkeit für Menschen und Organisationen, die sich für Demokratie einsetzen.

Tatsächlich hat uns das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in erster Instanz am 14.11.2023 auch in allen Punkten Recht gegeben. Doch ein Jahr später wurde dieses Urteil am 12.12.2024  vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgehoben und an das Finanzgericht zurückverwiesen. 

Die schriftliche Begründung liegt seit dem 8. Mai 2025 vor. Was darin steht, ist ernüchternd: 

Zwar dürfen Petitionen an nichtstaatliche Stellen laut BFH nicht per se zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen – das ist ein Etappensieg für uns. Aber: Die Anforderungen, die der BFH formuliert, engen den Raum für demokratisches Engagement extrem ein. Politische Wirksamkeit? Unerwünscht. Einfluss auf Meinungsbildung? Verdächtig. Unterstützung für engagierte Menschen? Lieber nicht.

Deshalb haben wir uns nach sorgfältiger Prüfung des BFH-Urteil entschieden:Wir verzichten auf die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit. 

Warum dieser Schritt?

Weil das Urteil einen politischen Kompromiss im Gemeinnützigkeitsrecht verhindert. Weil das finanzielle und personelle Risiko für uns unkalkulierbar ist. Und weil wir unsere Energie lieber in unser Engagement für Demokratie und Beteiligung stecken – statt uns juristisch in einem System zu rechtfertigen, das demokratisches Engagement strukturell klein hält.

Was bedeutet das konkret?

  • Wir behalten unser Petitionsportal innn.it bei – offen, kostenfrei, unabhängig, aber mit klarer Haltung.
  • Spenden an uns können nicht steuerlich abgesetzt werden.
  • Wir setzen uns weiter für eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts ein.

Denn Demokratie braucht Organisationen wie unsere. Was sie nicht braucht: ein veraltetes Gemeinnützigkeitsrecht, das auf politische Neutralität pocht – aber damit die Zivilgesellschaft entmachtet.

Der Kampf um unsere Gemeinnützigkeit lief seit 2019.

05.02.2019Einreichung unserer Steuererklärung für 2016 / 2017
25.04.2019Antwort und Klarstellung an das FA
26.10.2019Ablauf vorläufiger Anerkennungsbescheid. Die Ausstellung von Spendenbescheinigungen wird eingestellt.
03.12.2019Telefonat mit dem zuständigen Finanzbeamten
11.12.2019Telefonat mit dem Büro des damaligen Finanzministers Olaf Scholz
17.11.2020Treffen mit der Senatsverwaltung für Finanzen 
14.12.2020Gesprächsanfrage an Senator Kollatz erneuert per E-Mail 
17.12.2020Senatsverwaltung teilt unsere steuerrechtliche Einschätzung nicht, will sich aber auch nicht dazu durchringen, eine abschließende Entscheidung zu fällen. Dies soll erst im Januar 2021 fallen.
25.01.2021Schriftliche Begründung der Senatsverwaltung mit der Ankündigung, dass Change.org e.V. die Gemeinnützigkeit aberkannt werden soll. 
24.02.2021Aberkennungsbescheid vom zuständigen Finanzamt für Körperschaften in Berlin
18.03.2021Einreichung des Widerspruchs. Einspruchsbegründung am 12.05.2021
02.12.2022Zurückweisung unserer Widerspruchs gegen den Aberkennungsbescheid des Finanzamtes
15.12.2022Wir reichen Klage ein. 
21.02.2023Wir reichen unsere Klagebegründung ein. 65 Seiten. 
Mai 2023Das Finanzamt Berlin beharrt gegenüber dem Gericht auf lediglich zwei Seiten darauf, dass nur Petitionen an staatliche Stellen als gemeinnützig gelten können.
14.11.2023Wir führen die erste mündliche Verhandlung im Rechtsstreit um unsere Gemeinnützigkeit am Finanzgericht Berlin-Brandenburg. 
15.11.2023Wir erfahren, dass wir die Klage gegen das Berliner Finanzamt vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg gewonnen haben. Das Finanzamt legt Revision ein. 
Mai 2024Wir erfahren, dass wir nicht nur gegen das Berliner Finanzamt vor Gericht ziehen, sondern auch gegen das Bundesfinanzministerium. Der Bundesfinanzhof in München teilt uns schriftlich mit, dass nun auch die Bundesbehörde dem Verfahren an der Seite des Finanzamtes beitritt.
12.12.2024Wir verhandeln unsere Gemeinnützigkeit am höchsten deutschen Finanzgericht – dem Bundesfinanzhof in München.


08.05.2025
Der BFH veröffentlicht die schriftliche Urteilsbegründung von der mündlichen Verhandlung am 12.12.2024
18.06.2025Nach gründlicher Prüfung der Urteilsbegründung und einem Verhandlungsversuch mit dem Finanzamt Berlin zur Beilegung des Rechtsstreits, beschließt die Mitgliederversammlung vom innn.it e.V. künftig auf die Gemeinnützigkeit zu verzichten. 
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